Als ich las, lieber Leser, dass in diesem Jahr der 5. internationale Faszienkongress stattfindet, war mir klar, da gehöre ich hin. Allerdings sollte es auch keine Weltreise werden . So war der erste Faszienkongress 2007 in Boston. Der nächste 2021 ist in Montreal. Und wo die anderen Faszienkongresse stattfanden, war nicht zu recherchieren. Doch der "Fascia Research Congress 2018“ fand (das passte ja mal) in Berlin statt.
Tatsächlich wusste ich nicht genau, was mich erwartet. Schließlich war es mein erster Kongress. Doch ich hoffte, die in der Faszien-Szene bekannten Gesichter zu sehen und in Vorträgen auch zu hören. Und das war auch so. Alle Vorträge waren auf Englisch. Doch für die wichtigsten Vorträge gab es Kopfhörer mit simultaner, deutscher Übersetzung. Gerne nutzte ich dieses Angebot. Mein Englisch ist zwar nicht schlecht, für eine normale Unterhaltung reicht es. Aber ein Fachvortrag ist dann doch etwas anderes.
Die Redner kamen aus Italien, England, Japan und Australien. Hier war tatsächlich die internationale Elite. Und natürlich durfte der deutsche "Guru" der Faszien nicht fehlen: Robert Schleip. Ein hochgewachsener, schlanker, dynamischer Mittsechziger. Schleip ist eigentlich Psychotherapeut, kein Biologe oder Mediziner. Er ist ausgebildet im Rolfing, eine in den 1950er Jahren entstandene manuelle Behandlungsform. Die Entwicklerin, Ida Rolf, sprach bereits damals von der wichtigen Bedeutung der Faszien. Als kompletter Quereinsteiger promovierte Schleip durch eine wichtige, von ihm initiierte und auch durchgeführte Faszien-Studie in Humanbiologie.
Tatsächlich waren einige Themen so tief in der Humanbiologie, dass ich zugegeben nicht ganz mitkam. Dennoch wurde ich in meinem Denken bestätigt: Faszien sind ein zentraler Teil der therapeutisch-medizinischen Zukunft.
Alle Redner sprachen mit wahrer Leidenschaft. Die Faszination für ihre Themen war bei jedem deutlich spürbar. Besonders gefiel mir der Vortrag von Professor Carla Stecco. Stecco ist Italienerin und eine wirklich hübsche Frau. Und richtig niedlich in ihrer Bescheidenheit. Tatsächlich ist sie international die wahrscheinlich wichtigste Wissenschaftlerin in der Welt der Faszien. Sie veröffentlichte den ersten Atlas der Faszien-Anatomie und ist an endlos vielen Publikationen beteiligt. Doch als ein Zuhörer eine Frage mit dem Satz begann, sie sei ja der heimliche Star des Kongresses, lächelte sie zurückhaltend, errötete und wusste kaum was sie sagen sollte. Sehr sympathisch!
Am zweiten Tag erhob sich nach einem Vortrag ein unscheinbarer älterer Herr. Er bat um das Mikrophon und lobte den Vortrag des Redners. Es war Dr. Jean-Claude Guimberteau. Ihm ist zu verdanken, dass die Welt der Wissenschaft ein wenig aufmerksamer auf die Faszien schaut. In meinem Blog "Was sind Faszien?" gehe ich näher auf seine bedeutungsvolle Arbeit ein.
Unter den Faszienforschern scheint keine Konkurrenz zu herrschen. Alle ziehen an einem Strang. Und das ist auch gut und wichtig! Denn wie wichtig muss ein Gewebe sein, dass sich in alle Bereiche des Körpers erstreckt und mit nahezu allem verbunden ist? Die Medizin muss sich meiner Meinung nach zunehmend mit dem Gedanken abfinden, Faszien sind von zentraler Bedeutung für den Menschen.
Hat es sich für mich gelohnt? Definitiv! Ich habe sehr viele Informationen mitgenommen. Und ich bin sicher, mit meinem Interesse für die Faszien, auf einem richtigen, zukunftsweisenden Weg zu sein. Dennoch wurde mir auch klar, dass die Faszienforschung noch immer eine Rand-Wissenschaft ist. Die Hörsäle waren voll. Doch diese waren kaum größer als ein Kino. Aber, lieber Leser, ich gehöre zu diesem kleinen Grüppchen der "Faszien-Leute"! Und meine Neugier, meine Wissbegier und, ja, auch mein Ehrgeiz sind größer als je zuvor in meinem Leben. Ich folge weiter meinem eigenen Motto: NICHT AUSRUH ́N, TUN !!!
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